Visual zu Instant Payments: EU-Regulierung, Echtzeitzahlungen und Umsetzungspflicht für Banken & PSPs ab 2025.
inform blog

Von der Vision zur Pflicht: Der Weg zu Instant Payments für Banken & PSPs

21.05.2025 Hannah Kuck

Lange galten Echtzeitzahlungen als Premiumfunktion einzelner Banken oder als technologische Spielwiese für Innovationsabteilungen. Heute – im Jahr 2025 – ist klar: Instant Payments sind dabei, sich in Europa zum neuen Standard zu entwickeln. Mit der EU-Verordnung 2024/886 rücken sie endgültig in den regulatorischen Mainstream. 

Doch wie kam es dazu? Wer die aktuellen Anforderungen verstehen will, sollte wissen, wie sich Echtzeitzahlungen in der EU entwickelt haben – technologisch, strategisch und politisch. 

Europa im Rückspiegel: Wie alles begann

Zwar gab es weltweit bereits vor 2010 erste Projekte zur Beschleunigung von Überweisungen, insbesondere in Großbritannien, doch im Euroraum konzentrierten sich die Reformen zunächst auf die Harmonisierung des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs im Rahmen der SEPA-Initiative. Erst mit zunehmendem internationalen Wettbewerbsdruck, dem Erfolg mobiler Zahlungslösungen und steigenden Kundenerwartungen wurde das Thema Geschwindigkeit in Europa neu bewertet. 

Einen entscheidenden Impuls setzte das im Jahr 2014 gegründete Euro Retail Payments Board (ERPB), ein Koordinierungsgremium unter Leitung der Europäischen Zentralbank. Dieses Gremium identifizierte Echtzeitzahlungen als strategische Priorität für den europäischen Binnenmarkt – mit dem Ziel, einen einheitlichen Rahmen zu schaffen, der nationale Alleingänge vermeidet und Innovation begünstigt. Der Auftrag war klar: Europa braucht ein paneuropäisches Instant-Payment-Schema, das so zuverlässig, sicher und interoperabel funktioniert wie klassische SEPA-Überweisungen – nur eben in Sekunden. 

Meilensteine auf dem Weg zu SEPA Instant Payments

Auf die strategische Zielsetzung folgte eine intensive Phase technischer und regulatorischer Vorarbeit. Die wichtigsten Etappen markieren eine klare Entwicklungslinie – von der freiwilligen Initiative zur verbindlichen Infrastruktur. 

 

2016

Einführung des Regelwerks für SEPA Instant Credit Transfer (SCT Inst) 

Der European Payments Council (EPC) veröffentlichte Ende 2016 das Regelwerk für das neue SEPA-Echtzeitschema. Es definierte die wesentlichen Standards: 

  • eine maximale Ausführungsdauer von 10 Sekunden
  • eine Transaktionsgrenze (anfangs 15.000 €, später auf 100.000 € erhöht)
  • sowie die durchgehende Verfügbarkeit an 365 Tagen im Jahr

SCT Inst war von Beginn an als offene Infrastruktur konzipiert, an der sich Banken in allen SEPA-Ländern freiwillig beteiligen konnten. 

 

2017

Startschuss für SCT Inst und RT1

Im November 2017 wurde SCT Inst offiziell produktiv geschaltet. Gleichzeitig startete EBA Clearing mit dem System RT1 eine private, aber europaweit zugängliche Infrastruktur für Instant Payments. Schon zum Start waren 17 Banken aus 18 Ländern dabei – ein klares Signal, dass der Markt bereit war, das Thema ernsthaft voranzutreiben.

 

2018

Einführung von TIPS durch das Eurosystem

Um eine öffentliche, zentrale Lösung zur Verfügung zu stellen, brachte die EZB im November 2018 ihre eigene Plattform ins Spiel: TARGET Instant Payment Settlement (TIPS). Sie ermöglichte Banken, Echtzeitzahlungen in Zentralbankgeld abzuwickeln – ebenfalls mit voller Verfügbarkeit und innerhalb von Sekunden. TIPS sollte mittelfristig Interoperabilität und flächendeckende Erreichbarkeit sicherstellen.

 

2020–2021

Verbreitung stagniert – politische Intervention folgt

Trotz wachsender technischer Verfügbarkeit blieb die Nutzung von SCT Inst weit hinter den Erwartungen zurück. Anfang 2020 lag der Anteil von Echtzeitzahlungen bei unter 10 % aller SEPA-Überweisungen in Euro. Die EZB reagierte mit einem sogenannten „Reachability Mandate“. Alle Zahlungsdienstleister, die am TARGET2-System teilnehmen, mussten bis Ende 2021 über TIPS erreichbar sein – entweder direkt oder über einen Dienstleister. Gleichzeitig wurde das Transaktionslimit auf 100.000 € angehoben, um auch größere Überweisungen zu ermöglichen. Dennoch blieb der Anteil von SCT Inst im einstelligen oder niedrigen zweistelligen Prozentbereich.

 

2022

Die EU-Kommission greift regulatorisch ein

Im Oktober 2022 präsentierte die EU-Kommission einen Gesetzesentwurf, der SCT Inst verpflichtend machen sollte. Ziel war es, die freiwillige Nutzung durch eine verbindliche Regelung abzulösen – mit klaren Fristen, Durchsetzungsmöglichkeiten und Verbraucherschutzmaßnahmen. Dies markierte den Übergang vom Marktmodell zum Regulierungsmodell.

Die Verordnung 2024/886: Inhalte, Pflichten und Zeitrahmen

Am 8. April 2024 trat die neue EU-Verordnung 2024/886 offiziell in Kraft. Sie ergänzt und ändert die SEPA-Verordnung von 2012 und macht Instant Payments in Euro zur Pflicht für alle Zahlungsdienstleister, die reguläre Euro-Überweisungen im SEPA-Raum anbieten. 

Die Verordnung verfolgt vier zentrale Ziele: 

  1. Verfügbarkeit: 
    Alle Banken und Zahlungsdienstleister müssen rund um die Uhr, also 24/7, in der Lage sein, SCT-Inst-Zahlungen zu empfangen und auszuführen.
  2. Preisgleichheit: 
    Instant Payments dürfen nicht teurer sein als klassische SEPA-Überweisungen. Damit sollen finanzielle Hürden für die Nutzung abgebaut werden.
  3. IBAN-Namensabgleich: 
    Zur Betrugsprävention wird ein verpflichtender Name-IBAN-Abgleich eingeführt. Kunden müssen gewarnt werden, wenn der eingegebene Name nicht zur Kontonummer passt – analog zu bekannten Verfahren etwa bei niederländischen oder britischen Banken.
  4. Sanktionsprüfung: 
    Statt jede Transaktion einzeln gegen Sanktionslisten zu prüfen, wird ein täglicher Abgleich der Kundendaten verpflichtend. So soll Geschwindigkeit mit regulatorischer Sicherheit kombiniert werden.

 

Die relevanten Fristen im Überblick:

Zusätzlich gelten Übergangsfristen für die Einführung des IBAN-Abgleichs (12 Monate) und der neuen Sanktionsprüfung (9 Monate) ab Inkrafttreten. 

Instant Payments sicher machen: Warum Betrugsprävention mitwachsen muss

Mit der Geschwindigkeit von Instant Payments steigen auch die Anforderungen an das Risikomanagement. Eine klassische Überweisung lässt sich im Problemfall oft noch stoppen oder zurückholen. Bei SCT Inst hingegen sind die Gelder in Sekundenschnelle unwiderruflich übertragen. 

Für Zahlungsdienstleister bedeutet das: Betrugserkennung darf nicht mehr am Tagesende stattfinden, sondern muss in Echtzeit funktionieren – ohne den Zahlungsvorgang unnötig zu verlangsamen. 

  • Moderne Lösungen wie RiskShield bieten genau diese Fähigkeit:
  • Sie analysieren Transaktionen in Millisekunden
  • Sie erkennen Muster, die auf Social Engineering, Kontoübernahmen oder „Authorised Push Payment“-Betrug hindeuten

Sie kombinieren regelbasierte Prüfungen mit maschinellem Lernen und Netzwerklogiken 

So lassen sich riskante Zahlungen stoppen, bevor Schaden entsteht. Ein entscheidender Baustein, um Instant Payments regulatorisch sicher und wirtschaftlich verantwortungsvoll umzusetzen. 

Fazit: Echtzeit ist keine Kür mehr – sondern Pflicht 

Die Entwicklung von Instant Payments in Europa ist ein gutes Beispiel dafür, wie aus einer marktgetriebenen Idee ein verbindlicher Standard wird. Was als freiwillige Initiative begann, ist heute in Form einer EU-Verordnung gesetzlich verankert. Für Zahlungsdienstleister bedeutet das: Echtzeitzahlungen sind keine Option mehr, sondern Teil des Pflichtprogramms. 

Jetzt gilt es, Instant Payments nicht nur umzusetzen, sondern gezielt als Hebel für neue Services, bessere Kundenerlebnisse und Innovation zu nutzen. Die Voraussetzung dafür ist, Sicherheit, Skalierbarkeit und regulatorische Konformität von Anfang an mitzudenken.

Schon gewusst? Einige der frühesten Entwicklungen im Bereich Echtzeitzahlungen finden sich in Asien. Bereits 1973 führte Japan mit dem Zengin-System die weltweit erste Echtzeit-Zahlungsinfrastruktur ein – damals allerdings noch mit Einschränkungen bei den Betriebszeiten (rund um die Uhr Verfügbarkeit kam erst Jahrzehnte später). In den folgenden Jahrzehnten zogen weitere Länder nach, etwa Südkorea in den 1980ern und Singapur im Jahr 2014 mit FAST. Ein neuer Meilenstein gelang Indien 2016 mit der Einführung der mobilen Zahlungsplattform UPI (Unified Payments Interface), deren Nutzung explosionsartig wuchs. UPI verbuchte im März 2025 fast 20 Milliarden Transaktionen in nur einem Monat – ein eindrucksvoller Beleg dafür, wie schnell und umfassend Instant Payments angenommen werden können. 

ÜBER UNSERE EXPERT:INNEN

Hannah Kuck

Hannah Kuck

Corporate Communications Managerin

Hannah Kuck ist seit August 2024 als Corporate Communications Managerin im Corporate Marketing bei INFORM tätig. Mit einer Leidenschaft für kreative und wirkungsvolle Kommunikation gestaltet sie verschiedene Bereiche der Unternehmenskommunikation mit – von Pressearbeit über Content Creation bis hin zu Storytelling.