Gemüsetheke in einem Supermarkt.
INFORM BLOG

Die Emissionsfalle der Mehrweglogistik

08.12.2025 Laura Skropke

Mehrwegverpackungen gelten als eine der wirkungsvollsten Maßnahmen, um Emissionen und Abfall in der Logistik zu reduzieren. Unternehmen entscheiden sich dafür, weil sie Ressourcen schonen, Müll vermeiden, vor allem aber langfristig Kosten sparen wollen. Doch ob Mehrweg diese Wirkung tatsächlich entfaltet, hängt von einem Faktor ab, der oft unterschätzt wird: einem intelligenten Behältermanagement
 

Viele Unternehmen gehen davon aus, dass Mehrweg automatisch nachhaltiger ist – unabhängig davon, wie gut das System dahinter funktioniert. Die Klimabilanz einer Mehrwegverpackung ist allerdings kein Selbstläufer. Echte Vorteile entstehen erst dann, wenn Verpackungen effizient im Kreislauf geführt werden, zuverlässig zurückkommen und eine ausreichend hohe Zahl an Umläufen erreichen.

Eine aktuelle Studie der University of Applied Sciences Upper Austria und des AIT Austrian Institute of Technology zeigt das sehr deutlich: Der CO₂-Vorteil von Mehrwegverpackungen stellt sich erst nach einer gewissen Anzahl von Umläufen ein, häufig schon ab rund 20 Einsätzen. Danach liegen die Emissionen deutlich unter denen von Einwegverpackungen. Doch worüber niemand spricht: Bleibt die Umlaufzahl niedrig, weil etwa viele Behälter verloren gehen oder lange ungenutzt im System liegen, schrumpft dieser Vorteil schnell so weit zusammen, dass in manchen Fällen sogar die Einweglösung zur nachhaltigeren und erst recht zur kostengünstigeren Alternative wird. 


Damit wird klar: Nicht die Verpackung selbst entscheidet über die Nachhaltigkeit, sondern die Art und Weise, wie sie eingesetzt wird.
 

Nachhaltigkeit entsteht durch Nutzung, nicht durch Anschaffung

Der ökologische Fußabdruck einer Mehrwegverpackung ist am Anfang hoch. Herstellungskosten, Materialeinsatz und Energiebedarf sind größer als bei einem Einwegkarton. Doch im Gegensatz zur Einwegalternative verteilt sich dieser Aufwand in der Theorie über viele Nutzungszyklen.

Je öfter eine Verpackung also im Kreis läuft, desto geringer wird ihr durchschnittlicher CO₂-Impact pro Einsatz. Der Schlüssel liegt deshalb in der konsequenten Nutzung – und genau hier spielt Behältermanagement seine größte Rolle.

Ein gut organisiertes System sorgt dafür, dass Behälter:

  • schnell wieder in Umlauf gelangen, statt wochenlang in Zwischenlagern zu stehen,
  • verlässlich zurückgeführt werden, ohne verlorenzugehen oder im Netzwerk „zu versickern“,
  • dort zur Verfügung stehen, wo sie gebraucht werden, statt Engpässe an einem Standort und Überbestände an einem anderen zu verursachen.

Jeder verlorene oder verspätet zurückgeführte Behälter verschiebt den ökologischen Break-even – manchmal so stark, dass der eigentlich nachhaltige Ansatz seinen Vorsprung verliert.
 

Transparenz, KI und Optimierung machen den Unterschied

Gerade hier liegen die größten Herausforderungen vieler Unternehmen. Ohne Transparenz über Bestände, Standorte und tatsächliche Umlaufleistungen ist es nicht möglich, das Potenzial von Mehrweg vollständig auszuschöpfen. Erst wenn klar ist, wo sich Behälter befinden, wie sie genutzt und wo sie gebraucht werden und an welchen Stellen sie aus dem Kreislauf fallen, lassen sich strukturelle Ineffizienzen erkennen.

Digitale Lösungen wie SYNCROTESS bringen Ordnung in diese Komplexität. Sie zeigen, wo Behälter sich befinden, in welchem Zustand sie sind, wie lange sie bereits dort stehen und wann und von wo sie zuletzt bewegt wurden. Durch diese Datengrundlage entsteht ein verlässliches Bild der eigenen Kreisläufe – und Unternehmen können gezielt eingreifen, bevor ineffiziente Muster entstehen.

Mit dem Einsatz von KI geht dieser Effekt noch einen Schritt weiter: Aus reiner Transparenz wird aktive Optimierung. Künstliche Intelligenz erkennt Muster in Bewegungs- und Nutzungsdaten, prognostiziert Bedarfe an einzelnen Standorten und identifiziert frühzeitig Risiken wie drohende Engpässe, Überbestände oder potenziellen Schwund. So werden Entscheidungen nicht nur schneller, sondern auch präziser. Die Kreisläufe stabilisieren sich, Rückführungen erfolgen geordneter und schneller, und Umläufe erreichen häufiger die notwendige Anzahl, um den ökologischen Vorteil von Mehrwegverpackung voll auszuschöpfen.

Transparenz und KI-gestützte Optimierung sorgen gemeinsam dafür, dass weniger Sicherheitsbestände nötig sind, Umläufe beschleunigt werden können, weniger Neuproduktionen notwendig sind und CO₂-intensive Repositionierungen vermieden werden. Damit wird das Behältermanagement zu einem aktiven, messbaren Hebel für die Klimabilanz und Mehrwegverpackungen zu einem wirklich nachhaltigen Bestandteil der Lieferkette.
 

Mehrweg als strategischer Nachhaltigkeitsfaktor

In einer Zeit, in der die Anforderungen an ESG-Berichte, CO₂-Transparenz und Regulierungen wie die PPWR steigen, reicht es nicht mehr aus, nur „Mehrweg“ zu nutzen. Unternehmen müssen nachweisen, welchen Beitrag ihre Systeme tatsächlich leisten.

Ein funktionierendes Behältermanagement liefert genau diese Daten. Es zeigt nicht nur, wie viele Verpackungen im Einsatz sind, sondern auch, wie viele Umläufe sie erreichen, wie viele Kilometer sie dabei zurückgelegt haben und wie hoch (oder niedrig!) der Verlustanteil ist. Diese Messbarkeit macht Nachhaltigkeit greifbar, belegbar – und damit glaubwürdig.

Für Unternehmen bedeutet das:
Wer Mehrweg professionell managt, kann seine ökologische Leistung nicht nur verbessern, sondern auch dokumentieren und kommunizieren. Das wird zunehmend zu einem echten Wettbewerbsvorteil.
 

Fazit

Mehrwegverpackungen sind nicht automatisch nachhaltig. Sie können es sein (und zwar in beeindruckendem Ausmaß!), aber nur, wenn die Kreisläufe stabil, transparent und effizient gesteuert werden.

Die positive Klimawirkung entsteht dann, wenn Behälter möglichst viele Umläufe erreichen, zuverlässig zurückkehren und ohne unnötige Zusatzfahrten bewegt werden. Genau das macht gutes Behältermanagement aus: Es sorgt dafür, dass das Potenzial von Mehrweg nicht theoretisch bleibt, sondern im Alltag wirkt: messbar, nachvollziehbar und nachhaltig.

ÜBER UNSERE EXPERT:INNEN

Laura Skropke

Laura Skropke

Produktexpertin | Behältermanagement

Laura Skropke ist seit September 2024 als Product Marketing Specialist bei INFORM tätig. Ihr Fokus liegt auf der Optimierung von Behälterflüssen sowie der Förderung nachhaltiger und effizienter Kreislaufwirtschaft in der Logistik.

Weitere Blogbeiträge

08.12.2025 // Laura Skropke

Die Emissionsfalle der Mehrweglogistik

Mehrweg klingt nach einer einfachen Nachhaltigkeitslösung doch ohne funktionierendes Behältermanagement kippt die Klimabilanz schneller, als vielen bewusst ist. Der Blog zeigt, warum Transparenz, Digitalisierung und KI darüber entscheiden, ob Mehrweg zum ökologischen Vorteil oder zur teuren Emissionsfalle wird.

04.11.2025 // Simeon Langel

Kreislaufwirtschaft im Supermarkt: Die PPWR im Lebensmittelhandel

Die PPWR markiert das Ende der Einweg-Ära: Ab 2026 steht die Lebensmittelindustrie vor der größten Verpackungsreform seit Jahrzehnten. Erfahren Sie mehr über die Herausforderungen und Lösungen, die dieser Wandel mit sich bringt.

13.10.2025 // Laura Skropke

Digital Twin im Behältermanagement

Vom Reagieren zum Steuern: Wie Digital Twin-Technologie Behältermanagement smarter, nachhaltiger und effizienter macht – heute und in Zukunft.

02.09.2025 // Simeon Langel

Was ist Behältermanagement?

Ohne Behälter läuft in der Logistik nichts. Erfahren Sie, wie professionelles Behältermanagement Verluste senkt, Prozesse digitalisiert und Effizienz steigert.

30.04.2025 // Simeon Langel

Mehrwegpflicht im B2B?

Die neue EU-Verpackungsverordnung verändert den B2B-Sektor grundlegend. Erfahre, wie Wiederverwendung zur Norm wird und was Unternehmen jetzt vorbereiten müssen.

17.02.2025 // Laura Skropke

Smartes Behältermanagement in der Automobilindustrie

KI-Gestützte Lösungen für mehr Nachhaltigkeit und Effizienz